OLG Stuttgart: Keine Rückführung eines aus der Ukraine entführten Kindes
Der Rückführung eines von einem Elternteil nach Deutschland entführten minderjährigen Kindes in die Ukraine nach den Bestimmungen des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25.10.1980 (HKÜ) steht wegen der Kampfhandlungen in der Ukraine derzeit die Vorschrift des Art. 13 I b HKÜ entgegen. Eine schwerwiegende Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für ein Kind im Sinne des Art. 13 I b HKÜ besteht derzeit auf dem gesamten Staatsgebiet der Ukraine.
Im vorliegenden Fall hat die mit dem Kindesvater gemeinsam sorgeberechtigte Kindesmutter durch die Ausreise mit dem Kind aus der Ukraine, wo das Kind zuvor seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, nach Deutschland den Tatbestand des widerrechtlichen Verbringens nach Art. 12 I 1, Art. 3 HKÜ verwirklicht. Der Kindesvater hat dem Verbringen des Kindes nach Deutschland weder zugestimmt noch hat er es nachträglich genehmigt (Art. 13 I a HKÜ). Angesichts des geringen Alters des Kindes lagen auch nicht die Voraussetzungen des Art. 13 II HKÜ vor. Sowohl das Amtsgericht in erster Instanz als auch der Senat des Oberlandesgerichts sind jedoch der Auffassung, dass eine Rückführung des Kindes in die Ukraine mit der schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind verbunden wäre (Art. 13 I b HKÜ).